Was bleibt vom Hype? Die Zukunft der qualitativen Onlineforschung
Mit der zunehmenden Fülle an quantitativen Daten ist die Nachfrage nach qualitativen Informationen enorm gewachsen. Gerade in der Pandemie wurde klar: Zahlen alleine können in einer disruptiven Welt keine Veränderungen erklären und auch keine Lösungswege aufzeigen. Um gesellschaftlich Stimmungsbilder zu verstehen, bedarf es eines tieferen Verständnis der Gefühle und Verhaltensweisen der Menschen. Erkenntnisse, die nur die qualitative Forschung liefern kann.
Corona und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen machten aber Face-to-Face-Erhebungen nahezu unmöglich. Besonders davon betroffen waren Gruppendiskussionen und Einzelinterviews, die in der Vergangenheit den Löwenanteil der qualitativen Marktforschung ausmachten.
Um den Hunger nach Erklärungen nachzukommen blieb den Forschern gar nichts anderes übrig, als ihre Methoden online zu bringen. Dabei waren die Vorurteile enorm, weshalb die Qualitative Onlineforschung in der Vergangenheit gegenüber ihrer quantitativen Schwester nur sehr langsam gewachsen ist. Unpersönlich, kalt und mit weniger Involvement versehen, waren die häufigsten Argumente gegen Qualitative Onlineforschung. Wer jedoch den Sprung ins Digitale gewagt hat, hat diesen Schritt selten bereut, was sich auch in den Nutzungszahlen ablesen lässt.
Laut dem 30ten GRIT Report fanden weltweit im Jahr 2019 49 Prozent der beauftragten Gruppendiskussionen online statt. Ein Jahr später waren es schon 64 Prozent und 2021 67 Prozent. Auch bei den Einzelinterviews gab es einen deutlichen Trend hin zu Online. 2019 wurden 53 Prozent dieser Interviews virtuell durchgeführt, zum Pandemiestart 2020 68 Prozent und in 2021 70 Prozent.
Auf die Online Gruppendiskussionen und Einzelinterviews via Zoom & Co folgte ein weiterer Innovationsschub. Software wurde neu erfunden oder weiterentwickelt um Online Communities, Online Workshops oder Online Ethnographien durchführen zu können. Und alles hat gut funktioniert, auch weil die digitale Kompetenz in der Bevölkerung gewachsen ist. Insgesamt ist die qualitative Marktforschung gestärkt und mit einem breiteren Methodenspektrum aus der Krise hervor gegangen.
Dabei ist der Innovationsprozess nicht abgeschlossen und neue methodische Ansätze werden weiterhin diskutiert und erprobt. Funktioniert Online-Eyetracking? Welchen Mehrwert bringen implizite Verfahren? Wofür eignen sich der Einsatz von VR-Brillen? Das ist nur ein Auswahlset an Fragen, die die neuen Tools und Techniken mit sich bringen. Und auf die Frage, was die Treiber der Zukunft sein werden, zeigen schon heute Künstliche Intelligenz (KI) und agiles Projektmanagement ihre Potenziale.
Besonders bei der Entwicklung von Innovationen ist es, ganz im Sinne eines agilen Projektmanagements, mit den Online Methoden möglich, die Auftraggeber schon in der ersten qualitativen Phase einzubeziehen. Sie können sich virtuell, zusammen mit dem Institutsforscher, direkt einbringen, nachhaken und Ideen generieren.
Künstliche Intelligenz unterstützt dabei den Auswertungsprozess und bietet während des Interviews die Transkription und Analyse der gesprochenen Worte. Damit gewinnen Forscher und Auftraggeber schon heute viel Zeit in der Auswertung und in der Interpretation.
Und was bringt die Zukunft? Bei aller Euphorie für digitale Tools, sind und bleiben das Verstehen von Gefühlen und Verhalten essentielle Bestandteile des Qualitativen. Von daher machen die Forscher und ihre Expertise den Unterschied. Ihr Gespür für eine sinnvolle Methodenauswahl, ihre Erfahrungen in der Moderation von Gruppen und ihre analytischen Fähigkeiten sind unersetzlich. Und es ist davon auszugehen, dass die qualitative Zahlenversteher zukünftig noch mehr gefragt sein werden, da sich die Welt schneller dreht, die Umbrüche sich häufen und die Datenberge immer größer werden.
Quelle: https://www.greenbook.org/mr/grit/
Quelle: https://www.marktforschung.de/dossiers/themendossiers/die-zukunft-qualitativer-marktforschung/
Quelle: https://www.marktforschung.de/dossiers/themendossiers/die-zukunft-qualitativer-marktforschung/einzelansicht/drei-entwicklungen-die-die-qualitative-forschung-schon-bald-praegen-werden/
Quelle: https://www.marktforschung.de/aktuelles/marktforschung/marktforschungstrends-in-einer-post-covid-welt/
Quelle: https://www.marktforschung.de/dossiers/themendossiers/die-zukunft-qualitativer-marktforschung/einzelansicht/vom-eldorado-in-die-hybride-zukunft/